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waves

Der große Sturm kam für June schon gestern. Beruhigenderweise an einem Tag, den es nur alle vier Jahre gibt, der Tag zu viel, der frei sein sollte für das, was man sich an den anderen 365 untersagt oder zu verbieten versucht.

Der Sturm kam in Form von Worten, Worten wie:

"Ich muss andauernd die Vorstellung unterdrücken, mit Dir zusammenzuleben. Mit dieser wunderbaren Sklavin June, deren Brustwarzen ich piercen würde und wohl auch die Schamlippen. Mit der ich in ein Haus ziehen müsste, damit sich ein Keller voller "Spielzeug" ausgeht. Und die immer - auch bei vollstem Vollmond - tief erschöpft schlafen würde vom Hergenommenwerden auf dem Sybian oder unter den Nobra-Stößen."

und riss June mit beängstigender Macht von mir weg in ihre eigene Welt, in die Welt, in der es keinen Platz für mich gibt, in der sie ganz eins ist mit dem Tier. Wenn er es sosehr schafft, sie in ihrem Kern zu treffen, brauche ich Stunden, um wieder zu ihr durchzudringen.

Stunden, in denen sie um sich schlägt, tritt, beißt, mich anschreit sie in Ruhe zu lassen. Nur das, schreit sie, will sie, braucht sie, nur DAS ist ihre Bestimmung. "Lass mich l e b e n!", schreit sie und ich muss lernen, dass der Kampf mit ihr in solchen Momenten sinnlos ist, dass ich mich nur zurückziehen kann, bequem Platz nehmen auf einem Sessel außerhalb ihrer Reichweite, bis das Toben nachlässt und sie ganz von selbst wieder meine Nähe sucht.

angenehm warm wäre es da draußen ohne diesen starken wind. so war es nur ein kurzer ausflug in den park - die haare vom wind zeraust und immer noch voll von widersprüchlichsten gedanken und gefühlen.

hier ist die couch immer noch aufgeklappt, der nobra liegt neben meinen kleidern am boden, die zwei gläser stehen halbvoll auf dem couchtisch, das glas ist ganz staubig, der sofaüberwurf gehört in die waschmaschine, die sonne scheint durch die fenster.

er blieb bis drei uhr früh. um ein haar wären wir völlig erschöpft eng aneinander gekuschelt eingeschlafen, dieses nagende-ziehende gefühl endlich für eine weile völlig besiegt.

dass der erste gedanke nach dem aufwachen dennoch wieder f. galt sollte ich langsam als dumme gewohnheit abtun, dennoch war es heute wieder so heftig, dass ich sofort nach kaffee und dusche hier weg musste, raus musste. die planlose mischung zwischen kurzen sprints und langsamem gehen erschien mir beinahe symptomatisch.
jetzt haushalt und dann butler oder luhmann oder kristeva oder überhaupt arbeiten. denken - über etwas ganz anderes.

ich habe das fühlen satt.
heute würde ich gerne pause machen davon.

Und so kam es nun gut zwei Jahre später doch dazu - zu einem Besuch im Swingerclub.

Es war C.'s Idee, ich aber neugierig und überdreht genug um zuzustimmen. Nervös war ich im Taxi, keine Frage und das schallende Lachen musste ich mir verkneifen, als ein hühnerbrüstiger Typ in scheußlichen Unterhosen die Türe öffnete (der Besitzer, wie ich wenig später erfuhr).
Die Treppe hinunter eine Bar, eine Tanzfläche, etliche weitere Sitzgelegenheiten. Die Location unterschied sich kaum von anderen Nachtclubs wären da nicht die Gäste gewesen - durchwegs nur in Unterwäsche (wie auch das Bar-Personal), mit Handtüchern um die Mitte geschlungen oder vereinzelt sogar ganz nackt.
S. eine Frau mit bemerkenswert schönem Körper zu dem das recht verlebte Gesicht nicht ganz zu passen schien, begrüßte C. überschwänglich und musterte mich (noch vollständig bekleidet) sehr reserviert. S. ist die Frau des Besitzers, wurde ich aufgeklärt, und eine langjährige Bekannte von C.

In meinem Kostüm fühlte ich mich seltsam deplaziert unter all den halb oder ganz nackten Menschen und so folgte ich C. gerne in einen Raum mit der Aufschrift "privat" um mich ebenfalls bis auf Unterhose, BH, halterlose Strümpfe und Schuhe zu entkleiden. Derart "angemessen" bekleidungstechnisch angepasst setzten wir uns an die Bar.

Fasziniert beobachtete ich die anderen Gäste in ihren unterschiedlichen Stadien der Nacktheit - ganz nackt vor allem Herren reiferen Alters mit Bäuchen unter welchen das "Gemächt" eher Mitleid erregend hilflos klein zu baumeln schien, dazwischen voluminöse Damen in weißen oder hellrosa Strings, die die blasse Hautfarbe noch mehr betonten. Am Buffet eine Dame vielleicht Anfang vierzig die spontan an die Venus von Milo denken ließ.
S. gesellte sich zu mir als C. sich gerade mit dem Barmädchen, einem hübschen Ding vielleicht Anfang zwanzig unterhielt, begann einen Satz mit "Dein Freund ...", den ich zurückwies. "Er ist nicht mein Freund ..." Was er ist hätte ich in diesem Moment nicht sagen können. "Mein Exorzist" wäre mir kurz durch den Kopf geschossen, aber das hätte sie sicher nicht verstanden. Mir genügte es schon, dass sich ihre Gesichtszüge sofort entspannten, während mein Blick an ihm hängen blieb. Ja, C. ist ein schöner Mann, keine Frage, - gerade vor dem Hintergrund anderer, durch die Situation so rein auf ihren Körper reduzierter Männer. Jack Nicholson in "Die Hexen von Eastwick" fiel mir ein, weil plötzlich der Dämon wieder präsent wurde, der C. in diesem spontanen Einfall zum "Exorzisten" werden ließ. Ich bestellte je einen B52 für S. und mich um mich wieder zu sammeln, meine wirren Gedanken einzufangen. Ein paar junge Asiaten sammelten sich um mich, ich wich ihren Berührungsversuchen aus als C. auch schon wieder bei mir war, seinen Arm um mich legte in einer mehr beschützenden als besitzergreifenden Geste während er die andere Hand auf S.'s Schulter legte, die mir plötzlich beinahe verschwörerisch zulächelte. Sie hatte sich offenbar mit meiner Anwesenheit abgefunden.

Später nahm C. mich an der Hand und führte mich die Treppe hinauf. Es war ein schummriger Gang von dem aus er die Türe öffnete in ein leeres ebenfalls nur schwach beleuchtetes "Spiegelzimmer". Wir passierten mehrere Türen bis wir zu einem großen runden Raum kamen, dessen Boden aus einer einzigen Matratze bestand. Im Dämmerlicht sah ich voluminöse weiße Schenkel auf denen sich ein beachtlicher ebenfalls weißer Arsch hob und senkte. Zwischen den schenkeln ragten scheinbar viel zu dünne braune Beine hervor. Es war die Venus von vorhin, die vermutlich einen der jungen Asiaten mit beachtlicher Kraft ritt - um sie herum drei weitere Männer je eine Hand ihrem Fleisch vergraben hatten, während sie sich selbst mit der anderen massierten. C. zeigte mir eine kleine Treppe an der Seite des Raumes an deren Ende so etwas wie eine gepolsterte Höhle lag, die durch Eisenstäbe vom Raum getrennt war. Aus dieser Perspektive konnte ich das Paar von der Seite sehen. Ich lag dort mit dem Gesicht zum Geschehen, C. an meinen Rücken geschmiegt und schwankte zwischen Ekel, Faszination und Erregung. Was für ein unglaublicher Berg weißen Fleisches und doch einfach nur eine Frau, ganz verloren in ihrer Lust.

Lust. Meine eigene wie eine kleine Schlange in meinem Unterleib, die sich genährt durch C.'s sanfte Berührungen, geflüsterte Worte und diesen irritierenden Anblick begann zu regen, zu wachsen. Berührungen, die immer drängender wurden, während die Frau da unter mir nun auf dem Rücken lag und einer der Männer sie mit den Fingern kraftvoll fickte. Es klatschte laut, wenn sein Handballen auf ihrer Scham aufschlug. Daneben kniend drei Männer, alle den eigenen Schwanz in der Hand. Die schmatzenden Geräusche der eintauchenden Finger, ihr Stöhnen und C., der meinen String zur Seite schob. Die Schlange, die begann sich hochzuschnellen - das Rückenmark entlang in den Kopf um dort ihre Kreise zu drehen und für Bruchteile von Sekunden jedes Gefühl, jeden Gedanken auszulöschen, der anderes war als Lust. Eine Hand, die fest die nach der meinen fasste, um sie zu drücken und mir Halt zu geben, mir die Gewissheit schenkte irgendwo in dieser materiellen Welt noch verankert zu sein, während die Schlange sich wieder zurück zog nur um erneut mit zuckendem Leib, getrieben durch C.'s Stöße durch meine Nervenbahnen zu schnellen. Ihr Stöhnen und ihre Lustschreie im Duett mit den meinen.
Als ich endlich die Augen wieder öffnete erschrak ich beinahe über den starren Blick des Jungen hinter den Stäben, der immer noch meine Hand in der seinen hielt, in der anderen, über die das Sperma lief, seinen Schwanz.
Als hätte ich mich verbrannt zog ich meine Hand zurück, während C. mich sicher in seinen Armen hielt.
Sein Atem in meinem Nacken kam ich langsam wieder zu mir.

Später in einem Raum ganz für uns allein, einem Raum mit einem Whirlpool, den wir beide ob des schon eingelassenen Wassers mieden, alberten wir unter der Massagedusche herum bevor wir die Schlange bis zur Erschöpfung jagten um viel später eng aneinander geschmiegt im Taxi gegen die bleierne Müdigkeit anzukämpften.

Zuhause dann tiefer, traumloser Schlaf.

als ich das gestern schrieb, hätte ich nie geglaubt, dass es tatsächlich möglich sein könnte diese innere mauer abzureißen, die mich so lange gefangen gehalten hat.

er kam und trug mich durch diese nacht wie durch einen schneesturm mit händen, lippen, worten. es dämmerte schon als ich in seinen armen einschlief.
wenig worte beim frühstück, dafür hände, die einander suchen, kleine, zärtliche berührungen.

als er eben wieder anrief, um zu fragen, wie es mir geht und ob ich mitkommen wollte auf eine geburtstagsfeier bei der er vorbeischauen müsse, war sie plötzlich da, diese kleine verräterische arhytmie beim lesen seines namens auf dem display.

doch nein, heute bleibe ich allein daheim, brauche zeit mich anzufreunden mit dieser unverhofft wiedergewonnenen angreifbarkeit und zeit sie zu ordnen, diese wirren gedanken und gefühle.

so viel seltener allein.
so viel besser alle vermeintlichen bedürfnisse abgedeckt.
so vermeintlich beneidenswert "gut versorgt".

so unverschämt mondsüchtig
so verboten bedürftig
so hemmungslos hungrig
so vulgär in sehnsucht badend
klebt ein ungestilltes verlangen an mir, das nichts anderes gelten lässt.

und immer noch gibt es diese nächte, die mich nicht schlafen lassen.
nächte wie diese ...

Irgendwann gestern lag er dann neben uns, dein Sohn. Schmiegte sich halb im Scherz an uns und es kostete mich so viel Kraft June davon abzuhalten, die Arme um ihn zu legen.

Sie hat so oft von ihm geträumt in all den Jahren. Ist dir das bewusst? Wie oft träumte sie diesen immer selben Traum in dem sie sich dieser Blockhütte näherte, in der gefeiert wurde, die Treppe hinauf stieg bis zu diesem Fenster an das er seine Nase presste. Sie sahen sich an, June und er und er drückte die Hand an die Scheibe, sie die Ihre dagegen bis du hinter ihm standest und sie ein plötzliches Schuldgefühl überkam, das auch das fast verschwörerische Grinsen des Jungen nicht vertreiben konnte.

Keine Nacht, kein Traum, in welchem sie nicht davon lief und mit klopfendem Herz erwachte.

wieder.
wie die monate vergehen ...

bis ich unter den Trümmern dieser höchst ehrgeizigen, oft maßlosen und mitunter großzügigen ideologischen Konstruktion entdeckte, dass sie überzogene oder schüchterne Versuche zur Stillung eines Hungers nach Liebe waren.

Die Liebe ist die Zeit und der Raum, in denen sich das "Ich" das Recht nimmt, außergewöhnlich zu sein. Ein fassungsloser Körper, der in all seinen Gliedern köstlich abwesend bleibt, eine zitternde Stimme, ein trockener Gaumen, lichtverschwommene Augen, rosige oder feuchte Haut, ein pochendes Herz.
Angstlust, nicht mehr eingeschränkt zu sein, sich über alles hinwegzusetzen, die Grenzen des Selbst zu überschreiten, als Augenblick und Ewigkeit, Vergangenheit und Zukunft, ausgefüllt als abgreagierte Gegenwart.

Auf Morgen, auf immer, ewig wie zuvor, so, wie es gewesen ist, wie es sein wird ... auf Niemals.

Die Liebe ist im Grunde ein Schmerz, ein Wort oder ein Brief.

(In Anlehung an Julia Kristeva)

Eine Nacht, ein Mond, eine Hoffnung zu begraben ...
Die Hoffnung richtet sich aber auf etwas Drittes: (...) daß sie sich trotzdem wieder ineinander verwühlen werden und das Leid, das man einander zufügte, zum Brennstoff der erneuerten vulkanischen Leidenschaft wird."

"Lass uns doch", schreibt er "einen vorübergehenden Waffenstillstand ausmachen.
Nicht so tun, als ob wir kein (Kommunikations-, Beziehungsdefinitions- usw)Problem hätten, nur diese Probleme und ihre Behandlung aussetzten für ein paar Stunden. Und uns unter oder auf deiner Decke diese uns quälenden und falsch funktionierenden Hirne rausficken.
Dann reden, schreiben und schauen wir wieder aneinander vorbei, wenns sein muß. Aber wir müssen uns wieder des Grundes vergewissern, warum wir uns das antun.

"waffenstillstand ist gut", antworte ich, "sehr gut.
weißt du, ich hasse es, wenn ich in einem zustand bin, in dem jedes angefasst-werden die sehnsucht danach von dir angefasst zu werden, nur verstärkt.
du hast recht, die sucht ist schrecklich aber es ist letztlich doch der entzug, den ich verabscheue - oder der verzicht.

ersehne dich. kompromisslos. erkenne jeden placebo leider viel zu leicht und zu schnell als das, was er ist - manchmal ist mein körper so viel schneller und besser (street-wise somehow) als mein kopf.
es ist furchtbar."

und gehe hin und versuche es dennoch wieder, mit dem angefasst-werden. weil keine 'moderne' frau so dumm ist, sich auf einen körper zu fokussieren. (wer hat denn auch bitte nur einen vibrator?)

und habe mir wieder bewiesen, was ich mir nicht beweisen musste.

- manchmal hat eben einfach mein kopf nicht das letzte wort.

ich werde ihn mir dennoch nicht abschlagen lassen.
nicht heute nacht, vielleicht ein andermal - dann, wenn ich ihn wiederfinde. für heute hat er die segel gestrichen, die weisse fahne gehisst, die flucht ergriffen.

it's body-talk-time.
brains not allowed tonight.

und während ich nach einem not-aus-schalter für diese achterbahn suche, überkommt mich immer häufiger die sehnsucht danach von einem schwanz geerdet zu werden.

ein schwanz, der mich festnagelt auf einem festen grund, hände, die meine handgelenke fixieren (hände, keine fesseln).
gefickt werden und weinen dürfen.

schmerz herausgefickt bekommen und auch entlassen dürfen.

keine sehnsucht danach, gehalten zu werden. keine lust zu reden.

nur körper.
körper, haut, schweiss, blut und tränen.

und dann wieder will ich lachen, nichts als hysterisch lachen. laut, viel zu laut und unecht und tränen lachend porzellan zerschlagen.

doch die sicherung hält.
ich funktioniere.

nur um kurz luft zu schnappen - vor der nächsten welle, wie es scheint.