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In den frühen 80ern war man als Mädchen aufgeklärt, aufgeschlossen, aufgeknöpft. Und hatte sexuelle Erfahrungen selbstverständlich - kaum dass sich die ersten Rundungen abzeichneten und sich die Tage wenn auch nur unregelmäßig einstellten.
Es war wichtig "auf den Richtigen" zu warten, riet Dr. Sommer. Aber der Richtige? War das nicht schon das erste Pickelgesicht, das mit seinem schweißnassen Händchen das eigene drückte?
Wichtiger als "der Richtige" um ehrlich zu sein war das Mitredenkönnen. Und das konnte sie nicht, June. Ausser ihren Kusserfahrungen hatte sie nicht wirklich etwas vorzuweisen.

Gut, der Junge von nebenan, einer von denen, mit denen sie zusammen Mutproben bestanden, gerauft, Luft aus Autoreifen gelassen und ähnliches hatte, mit dem hatte sie neuerdings schon manchmal beim Plattenhören Händchen gehalten. Der hatte sie auch gefragt, ob sie mit ihm gehen würde.
Peter war ja auch "süß", mit den dunklen Locken und den großen braunen Augen. Aber bei ihrer ersten schüchternen Andeutung auch sehr deutlich: "Dafür sind wir doch noch viel zu jung."
Ein "Loser" also, wie sie wenige Wochen später feststellte, als sie IHN kennenlernte.

Stolze achzehn und ebenso stolzer Besitzer einer Aprilia. Mit einem eigenen Eingang zu seinem Teil der elterlichen Wohnung, einer gigantischen Plattensammlung und der Möglichkeit Feten zu feiern oder Leute zum "Abhängen" einzuladen, wann immer er wollte.
So erwachsen, so cool, so ein Gott an der Gitarre. Michael - M_I_C_H_A_E_L, ein Name wie ein Lovesong und er drehte die perfektesten Joints der ganzen kleinen Stadt, daran bestand kein Zweifel.
Und er wollte SIE. Also war er "der Richtige" - auch daran bestand kein Zweifel.

Und bei "Venus in furs" war es dann soweit. Der magische Moment. Der, von dem ihr ihre Freundinnen schon so viel erzählt hatten, der schmerzvollste, wunderbarste, unglaublichste Moment ihres Lebens.
Ach hätte June doch nur einen Augenblick an all diesen Erzählungen gezweifelt und begriffen, wiesehr diese Schundheften nacherzählt und wie wenig sie selbst von den angeblichen Protagonistinnen erlebt worden wären ...

Der wichtigste Moment in Junes Leben war ...
unspektakulär.
Aber da wichtige Momente, wenn sie einmal stattgefunden haben, fixer Bestandteil einer Beziehung werden, was sie widerspruchslos akzeptierte, wurde er im Laufe der Zeit vor allem eines: fad.

Und so übte sie sich zunächst in ihren ersten Rohrschachtests, da an der Decke über seiner - natürlich auf dem Boden liegenden - Matratze einige eigenartige Flecken zu sehen waren, in die sich wie in Wolken in scheinbar endlosen Augenblicken wunderbarstes hineininterpretieren ließ und deren Herkunft sie nie hinterfragte.
Dass gezieltes Stöhnen zwischendurch sein ziemlich bemühtes Auf und Ab und Rein und Raus abkürzen konnten und damit die Rückkehr zu den wirklich spannenden und interessanten Teilen des Zusammenseins beschleunigen konnte, hatte sie recht schnell begriffen und nutzte das auch.

Zudem entwickelte June in dieser Zeit eine absolute vorliebe dafür von hinten genommen zu werden. Das ersparte ihr die Mühe auf ihren Gesichtsausdruck zu achten und sie konnte sich, mittlerweile schon routiniert in regelmäßigen Abständen Stöhnend, in Ruhe Sorgen machen über ihre Frigidität und Gedanken über alles Mögliche.

Nein, Sex, das war irgendwie einfach nicht ihr Ding. Nicht mit dreizehn. Sie hätte wohl lieber in der Fantasie bleiben sollen ... wie, so sollte sich herausstellen, ihre Freundinnen auch.

Aber immerhin war sie nun das, was "man" war. Aufgeklärt, aufgeschlossen und aufgeknöpft. Und die CD mit der Banane hört sie trotz allem heute noch gern zu so mancher späten Stunde.