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Sommer2009

Schon seit vielen Wochen ist es unübersehbar wie sie wieder kürzer werden, die Tage. Keine Abende mehr, die sich nach dem Heimkommen von der Fabrik noch angenehm in der Sonne auf der Terrasse verbringen lassen - nicht nackt zumindest.

Wie viel ich erwartet hatte von diesem Sommer. Aber es kommt wohl wirklich immer 1. anders als man 2. denkt.

Er war dennoch eine neue Chance Prioritäten zu klären, dieser Sommer. - Gern hätte ich darauf verzichtet, ich mag es lieber bequem.

Es war aber auch ein Sommer der wunderbaren Frauen. Kontakte, die sich verstärkt, verfestigt, neu gefunden haben. Wunderbare Überraschungen. Auch 2-3 Männerfreundschaften, die sich eben so unerwartet wie unorthodox gebildet haben. Keine Ahnung, ob sie halten, ist aber auch nicht wichtig. Manchmal ist ein mehrwöchiger intensiver Kontakt wichtiger als eine lebenslange Bekanntschaft ohne echte Bezugspunkte.

Wie stehe ich jetzt hier, am Ende dieses Sommers? Ich habe keine der Visionen verwirklicht. G. ist wirklich "nur" noch ein Freund. Er hatte nichts von der Leichtigkeit und Unbeschwertheit, die ich mir ersehnt hatte. Hat mich ein bisschen tiefer blicken lassen als ich das wollte - und mir ein paar Falten mehr beschert. Hat mich nicht "weiser" gemacht, aber vielleicht wieder ein bisschen bewusster und dankbarer.

Alles ist offen, (fast) alles ist möglich.

Nur dass jetzt der Herbst kommt und nicht der Frühling, das liegt mir wirklich im Magen und auf der Seele.



piber_cloudscapes



Zum ersten Mal in diesem Jahr habe ich heute den Sonnenschirm aufgespannt wirklich der Sonne und nicht des Regeln wegen und es ist auch im Schatten wunderbar - nackt.
Das Tief von gestern ist wie weggefegt, ein paar Tropfen Psychopax vor dem Schlafengehen konnten auch Frau Mondin auf Distanz halten, die zweite Decke fest umarmt habe ich geschlafen wie ein Baby und etwas trägt wohl auch dieser Muttertag bei zu meiner Ruhe, die jegliches, auch das unterschwelligste Warten auf Was-auch-immer unterbindet.
Ich versuche mich ohnehin zu üben in Besonnenheit, das spontane, letztlich so unberechenbar erscheinende Überquellen einzudämmen. - Die unzähligen Mails im Ordner "Entwürfe" geben darüber beredt Auskunft.

Mittlerweile zähle ich fast schon mehr die Stunden als die Tage bis dahin, wo ich endlich wieder das Meer riechen, sehen, hören, spüren werde und die Freude darauf ist beinahe unbändig.

Noch ist es zu kühl, Abends, beim Heimkommen aus der Fabrik. Noch zieht sie sich ein wenig zu früh zurück, die Sonne, um sich draußen noch einmal ein wenig aufzuwärmen bei einem After-work-Glas.
Aber lange dauert es nicht mehr und es wird wohl auch gerade noch ein paar Wochen dauern, bis G. sein Boot endgültig wieder fit macht für den Sommer. Und es wird wieder Abende und Nächte geben wie diese. Bis dahin noch zwei kurze Urlaube.

Ich weiß, er wird wunderbar werden, dieser Sommer,

vielleicht mein letzter in dieser Stadt.

Windstill, Sonne, ein wenig Hochnebel, vereinzelt Wolken, es ist die perfekte Temperatur um nackt zu sein. Ich habe gestern noch mein W-LAN in Ordnung gebracht und jetzt wieder den Laptop auf der Terrasse, allerdings blendet die Sonne meist zusehr um etwas erkennen zu können auf dem Bildschirm. Für einen kurzen Blick auf incoming Mails genügt es jedoch allemal, damit hat sich das ständige Aufspringen und reinlaufen bei jedem "Ping" der Mailaccounts endlich wieder erledigt, dabei warte ich an sich ohnehin nicht mehr, seit gestern schon nicht mehr, ohne mir das erklären zu können.

Aber zurück zur Sonne, zurück zum Frühling. Keine Serotonintablette der Welt könnte mir diese innere Leichtigkeit, dieses Wohlgefühl schenken wie die Sonne auf der Haut. Auch mein Begehren ist ein anderes, immer latent spürbar, aber nicht so schmerzhaft drängend, so aufbrausend fordernd, ich kann es spüren, sein lassen, genießen.

Später:

Nun frisch geduscht und eingecremt sitze ich um 18.30 Uhr immer noch auf der Terrasse und immer noch in der Sonne. Nicht mehr nackt, doch immerhin noch barfuß in aufgekrempelten Jeans und T-Shirt, trinke ein Glas Rotwein und bin verliebt. So richtig innig verliebt ins Leben. Ganz spontan hatte sich am späten Nachmittag auch noch Sis angekündigt, die ich tatsächlich ewig nicht mehr gesehen habe. Ob wirklich noch etwas daraus wird, wird sich zeigen, aber wenn nicht heute, dann ein andermal, wir hätten uns sicher so wahnsinnig viel zu erzählen. Jahre unseres Lebens, wenn man ehrlich ist. Erschreckend manchmal, wie schnell die Zeit vergeht. Um so schöner sind diese wenigen Momente des Glücklichseins im Augenblick, Momente wie die nach außergewöhnlichem Sex, die diese seltene Zufriedenheit in jede Zelle tragen oder eben Momente wie diesen hier und jetzt.

Gut, ich sollte auf die Bremse treten, sagt etwas in mir, aber es ist zu leise, viel zu leise und dabei ist es fast wörtlich gemeint. 12 Minuten von der Fabrik nach Hause nach einem beschissenen Tag mit einem feinen Abschluss. Ein sehr sehr wichtiger Mensch kommt wieder, einer der wenigen, der fähig ist, MIR Halt zu geben. Zudem ein Abschied, einer, der ein bisschen Leid tut aber nicht wirklich schmerzt.
Ein Abend, wie es ihn schon lange nicht mehr gab, ein Abend, der ein bisschen von dem zurück brachte, was war: "Familie".

Ich gestehe, die Polizei hätte es nicht mehr goutiert, dass ich so noch fuhr, doch ich wäre wider alle Vernunft so gerne weiter gefahren, nicht nur dahin wo ich sein sollte, was ich verweigert hatte, noch so viel weiter ...
Ich habe es dem Umstand zu verdanken, dass ich ein großes, vernünftiges Mädchen bin und meine kleine Schleuder nun gerade nicht das Erlebnis eines Carrera 4 bietet, dass ich doch hier sitze, die Nobras verstaut habe, auf Besuch warte, dabei ist heute, ist jetzt alles in mir überschäumende Energie, die Geschwindigkeit will, die ausbrechen will.

Etwas liegt in der Luft, heute. Oh wenn ich könnte, wie ich wollte ... ich würde gut 300 PS durch die Nacht treten, ich würde von einem Hochhaus springen, ich würde in Fesseln liegen und all meine Grenzen aufgeben.

Wenn ich könnte, wie ich wollte, ich würde weinen heut Nacht.
Doch es kommt Besuch in wenigen Minuten.
Weil ich bin wie ich bin und genau deshalb nicht kann, wie ich will, schicke ich dem, der gerade geläutet hat jetzt den Lift ...

So ein langes heißes Bad gehört mit zum Besten, das das Leben zu bieten hat. Das leise Heimweh ist doch immer noch da. Es ist ein Heimweh nicht nach einem Ort, sondern nach einem Gefühl - und einem Teil von mir, den ich verloren habe. Daran werde ich mich wohl gewöhnen müssen.

Beim Eincremen erst fielen sie mir wieder auf, die Striemen, die diesmal sehr dezent ausgefallen sind, also kaum zu ertasten, und ich musste grinsen bei dem Gedanken, G. hätte sie gesehen, was ohne den Schnitt im Fuß wohl sicher der Fall gewesen wäre. Nur der hat es verhindert, dass ich in G.s Gegenwart nackt durch die Wohnung spaziert bin. Seitdem frage ich mich, was ich ihm wohl erzählt hätte. Auch wenn er mich nie gefragt und ich es nie gesagt habe, bin ich mir sicher, er geht davon aus, er ist der einzige Liebhaber in meinem Leben. Ein Anderer und einer, der mich auch noch schlägt, wie er das wohl mit seinem Bild von mir in Einklang bringen könnte?
Spannend, aber nicht spannend genug, als dass ich es unbedingt wissen müsste.

Und wieder einmal habe ich lange geschlafen, diesmal allerdings wachte ich nicht erfrischt und erholt auf, sondern völlig erschlagen von viel zu heftigen Träumen - Nachwehen von gestern, einige dieser Emotionen spüre ich immer noch, wenn ich die Bilder wieder hochkommen lasse.

Den Rest des Vormittags verbrachte ich damit das Nötigste weg zu räumen und eine große Schüssel Obstsalat anzurichten aus Trauben, Birnen, Bananen, Erdbeeren, Walnüssen und Cranberries. Alles ganz klein geschnitten, so mag ich es am liebsten, dann setzte ich mich mit einem Buch in die Sonne, begann zu lesen und stellte fest, dass die Worte nicht eindrangen in meine Gedanken, die eben immer noch in den Träumen fest hingen. Ich legte es also weg und ließ ihnen freien Lauf, schrieb "IHM", eine Mail, lud ihn ein zu Sonne und Obstsalat, dachte dass was per Mail nicht möglich ist vielleicht so gesagt werden kann.

"Du", wollte ich sagen: "du weißt, dass ich keine Probleme damit habe, zu verzeihen, gerade dir nicht, aber ich brauche es, dass du es verstehst, dass du mich verletzt hast. Und ich brauche dafür eine Entschuldigung, ich brauche die Gewissheit, dass es dir leid tut. Nur so kann ich meine Ambivalenz dir gegenüber in den Griff bekommen. Ich brauche etwas von dir, das diese Wunde heilt."

Er kam am frühen Nachmittag, doch noch bevor wir uns gesetzt hatten, als ich Mineralwasser für uns holte, stieß ich ein Glas um und der Balkon war voller Scherben. Gemeinsam räumten wir sie weg und als ich in der Küche vor der Spüle stand, trat er hinter mich.
"Ruhe!" befahl meine Muschi Herz und Hirn und sie verstummten. Unter seinen sanften Bissen, unter den seinem Streicheln, unter seinen Gertenschlägen, seinen Nobrastößen war ich nur Körper, nur Verlangen, nur Lust.
Mir war schwindlig als ich später nackt ins Bett fiel, in das er sich nackt zu mir legte. Haut, nackte Haut. Riechen, spüren, küssen, *seine* nackte Haut. Doch da erwachten sie wieder aus ihrer Erstarrung, Hirn und Herz, stohlen sich ganz leise Unsicherheit und Misstrauen hinein in diese wunderbaren Momente, zerstörten sie nicht, nein, das nicht, aber stahlen ihnen etwas von dem großen Glück, das sie hätten haben können, indem sie ihm ein "Warum bist du hier?" entgegenstellten. Haut an Haut sollte Antwort sein und keinen Raum für Fragen lassen, sollten ein fleischgewordenes "Ja" sein.

Als er ging setzte ich mich wieder in die Sonne, hing weiter meinen Gedanken nach, um schließlich G. einzuladen. Er kam um kurz vor 18 Uhr mit feinen Antipasti, die wir auf dem Balkon aßen mit einem Glas Rotwein.
Beim Abräumen trat ich doch noch in eine Scherbe. Der Schnitt in der Ferse war nicht groß oder tief, blutete aber heftig. G. wusch sehr sanft meinen Fuß (er liebt meine Füße) im Waschbecken, verarztete ihn, trug mich auf die Couch als wäre ich schwer verletzt, brachte mir Obstsalat und Wein und gab mir das einzige, das ich noch brauchte: Ein Haut an Haut ohne Fragen. So "simpel" und "schnörkellos" "Liebe gemacht" habe ich mit ihm wohl noch nie ...
... und noch nie habe ich nicht einmal geduscht zwischen zwei Männern.

Jetzt läuft das Wasser ein in meine Wanne und ich spüre eine leise Traurigkeit unter all meinem körperlichen Wohlfühlen. Kein großer Druck, kein großer Schmerz, nur eine ganz leise Traurigkeit, die dunkel erinnert an Heimweh.