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Was vormals "die Natur" war, das ist wohl heute die Genetik, die Kraft, die bestimmt, wie Menschen zu sein haben, wofür sie bestimmt sind.
"Die Natur", besser "das Widernatürliche" war es, der über Generationen hinweg Frauen es zu verdanken hatten, dass sie "behandelt" wurden, psychiatrisiert, eingesperrt, manchmal sogar zu Tode gefoltert.
Frauen, die sich ihrer Rolle widersetzten, zu sexuell aktive Frauen ebenso wie "frigide" Frauen, erst recht geniale Frauen.

Vorbestimmtes Schicksal, natürlich/genetisch bedingt - Frau sein "von Männern nicht für voll genommen werden", nicht einparken können, nur als Flickmaterial in sozialen Beziehungen zu gebrauchen, ... die Zuschreibungen sind uralt, da ist nichts Neues, nichts Spannendes. Alles beim Alten, nur heute eben durch eine neue Wissenschaft abermals abgesichert, die Genetik, die derzeit vermutlich noch spekulativste Wissenschaft, die sich finden lässt. Egal, sie zementiert ein, dass sein muss was sein soll.

All diese (viel zu wenigen) genialen Frauen, deren Schicksal festgehalten wurde (Literaturliste auf Anfrage bei mir erhältlich), die in vielen Fällen zu Tode gequält wurden im krampfhaften Versuch sie von ihrer "Widernatürlichkeit" zu "heilen" - logisch weitergedacht litten sie nach heutigen Maßstäben wohl an einem Gendefekt.

Ach ist das beruhigend zu wissen.

Nein, bitte lasst mich aus mit diesem Thema. Ich streite ja nicht ab, dass unsere Erbanlagen uns prägen, aber was uns zum Menschen macht ist die Freiheit dieser Disposition nicht zwangsläufig ausgeliefert zu sein. Und bevor wir uns wieder darauf konzentrieren, was denn "die Natur" "der Frau" so verordnet hätte, lasst es uns endlich feiern, dass wir erstmals in einer Zeit leben, in der wir die Möglichkeit haben herauszufinden, was wir wollen und können.

Wer eine Entschuldigung für sich braucht, warum ein neuer, noch kaum betretener Weg nicht beschritten werden soll, am besten nicht einmal (an)gedacht werden soll, die/der darf sich ja eh ein hübsches Bild einer DNA-Sequenz in das Winkerl hängen, in dem früher noch ein Kreuz hing und das Kerzerl, das darunter brannte, nicht ausgehen durfte.

Wir haben schließlich alle unsere Schwächen.

H.'s Mails bleiben liegen, ich kann mich einfach nicht dazu aufraffen, ihm zu antworten und mich schon gar nicht dazu durchringen, ihm die Wahrheit zu schreiben, wie ...

"Lieber H., es tut mir Leid, ich habe mich getäuscht, habe es mir wohl auch viel zu sehr gewünscht, aber da ist nichts, gar nichts, außer dass wir uns per Mail gut unterhalten haben. Du bist ein netter, attraktiver Mann, aber ich brauche nicht noch einen netten Menschen in meinem Leben. Ich könnte mir sogar vorstellen mit dir ins Bett zu gehen, in anderen Phasen als der jetzigen, aber ich brauche auch nicht noch einen Mann in meinem Leben, mit dem das halt in Betracht käme."

Ich fühle mich furchtbar schlecht.
Ich fühle mich schuldig.

H. ist begeistert von unserem Treffen und will das so bald wie möglich wiederholen.

Wie sag ich's ihm bloß?

Liebe Güte wiesehr ich das hasse.