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ambivalenzen

"Daß wir was miteinander zu tun haben",

schreibt der, der das hier nicht liest und würde er es lesen erst recht nicht verstehen könnte, wie müde ich des schreibens oftmals bin,

"liegt an vielem, ganz besonders aber an einem Umstand: Daß Du so schreiben kannst wie sonst keine und daß vielleicht keine eine Antwort auf meine mail s c h r e i b e n könnte, Du aber schon. Du kannst sie besser schreiben als sonst was.
Das Schreiben klärt deine Gedanken und Gefühle, das spüre ich immer dann, wenn ich mit dir telefoniere, nachdem Du was getrunken und viel geraucht hast, was deine Stimme perdu schickt und deine Gedanken ins Verzerrte.
Ich reiß mich auch, nicht immer aber meist, furchtbar zusammen, wenn ich D i r schreibe, einfach weil ich weiss, dass du sensitiv auf Worte reagierst wie sonst nur ich (von denen ich kenne), jedenfalls wenn Du willst und wenn Du nicht auf Ich-mach-zu machst (wie jüngst sehr oft).
Wenn Du schreibst, wirklich schreibst - kann ich meine Gefühle für dich nicht beschreiben, intensiv wie sie sind."

***

"so gerne würde ich mit dir reden", antworte ich, "nein, auch nicht am telefon. wirklich REDEN - mit all den möglichkeiten nuancen auszudrücken, wie blicken, gesten, tonfall.
dass mir diese möglichkeit nicht gegeben ist, dem beuge ich mich. ungern, aber letztlich ist mir diese krücke des in die tastatur gehämmerten wortes immer noch wichtiger als die totale nichtkommunikation, in der ich mir schon so oft vorgenommen habe, besser zu werden.
konsequenter, im sinne eines "never take the second best".

es gibt eine zeit für das geschriebene wort. das, hier und jetzt, ist sie nicht." (nicht für uns)

und schreibe dennoch weiter, schreibe an, gegen besseres wissen, gegen meine tiefste überzeugung.

und spüre, wie es stimmt, immer mehr. ich (mich einem scheinbaren zwang beugend) mache zu.
und kann nichts dagegen tun.
schicke meine gedanken aus der "verzerrung" in den logos. und bin vieles. vielleicht auch kristallklar und für ihn verständlich.
bin vieles, nur nicht ich.

sagt er, "ganz von vorn, als würden wir ein neues, leeres, weißes blatt papier aufschlagen."

"ja", sage ich. "ja."

und lege alle meine sehnsucht in dieses "ja".

wie schön wäre es, daran glauben zu können, dass das möglich ist. "regie: alles zurück an seine plätze. szene 1, position 1 ... und wir versuchen es noch einmal. kamera ... go!"

das ist nicht das leben. da hilft alles sehnen nichts. es gibt kein zurück zu szene 1.

"du bist bitter geworden", sagt er.
ja. bin ich. bitterschokolade - macht nicht dick, aber ist auch nicht jedermanns fall.

"lass uns neu beginnen", sagt er "morgen", sagt er.

und alles in mir will daran glauben, dass es morgen beginnt: ein neues leben. - wenn da nur nicht diese stimme wäre.

diese stimme und der engel,
der engel auf dem küchentisch,

"lass sie uns vergessen", sage ich, "beide, die stimme und den engel."
"es ist spät", sage ich. "lass uns träumen schlafen gehen."

"morgen ist auch noch ein tag. scarlet."

nein, natürlich ist er kein "arschloch". natürlich hat alles seinen grund und kann verstanden und mitge-fühlt werden. und selbstverständlich hätte ich niemals ein arschloch geliebt.
ich gehöre nicht zu den frauen, die arschlöcher lieben - nicht mehr, schon lange nicht mehr.

aber seien wir doch nicht kleinlich, wenn es einfach gut tut, das zu schreiben:

henry ist ein arschloch
henry ist ein arschloch
henry ist ein arschloch
henry ist ein arschloch
...


und das jetzt bitte im kindergarten singsang wiederholen. am besten bis zur mondfinsternis. genau so lange halte ich das durch.

wetten? ;-)

beide, Henry und June.

Und eines seltsamen Abends liegen sie einander doch wieder in den Armen, einander verschlingend als wäre es der Anfang, nicht das Ende.

Woher ihr Erschrecken über seine Leichtigkeit einen fremden Mund zu küssen und wieder andere - auch fremde - Körper zu liebkosen, zu begehren, sich ihnen hinzugeben?
Woher ihr Befremden über sein Bemühen eine gänzlich Unbekannte für sich zu erobern?
Be-Fremden.
Nein, keine moralische Entrüstung, "nur" Befremden. Fremd. Er. Henry.

So viel fremder als der, der gekommen ist, sie zu ent-decken, ent-blößen (von allem, was Schutz war).
Sie zu ent-tarnen, ent-fernen (von allem, was wichtig war).

June liebt Mr. E(nt-) und sehnt sich nach Henry, nach dem, der er war.

And sometimes she's just sitting there in the corner, wondering who the fuck he really was: Henry

Fading like a dream.

Sie explodiert unweigerlich unter dem Druck einer künstlichen Einheit. Und entflieht in alle Richtungen.

June hat Hunger, unbändigen Hunger nach der Vielfalt des Lebens. Sie ist süchtig nach Spiegeln, als könnte eine möglichst große Anzahl an Spiegeln ihre Fragmente zu einem Ganzen zusammenführen und ihren Kern offenbaren.

"Narziß vor seinem Tümpel will erschaffen werden, zum Dasein aufgebaut werden; er sucht das Wunder einer anderen Geburt. Die erste Geburt ist oft ein Misserfolg. Er sucht die Liebe, die ihn zur Welt bringt. Leidenschaft genügt nicht, weil sie nicht aus dem wahren Kern des Liebenden kommt. Nur Liebe will erkennen und schaffen und das Geliebte retten."
(Anaïs Nin)

Dein Selbstverständnis ist so: Du hast schon als Teenie zu spüren bekommen und durch einen "objektiven" Blick in den Spiegel dir selbst vermitteln können: Ich seh überdurchschnittlich gut aus. Ich bin dünn und langbeinig und langmähnig, also alles was die Journale so fordern.
Dieser Frauentyp, der einfach schon in der Schule weiss: "Mich würde kein einziger in der Klasse und am Schulhof von der Bettkante kippen, ich bin einfach ein Babe."

Und jeder, auch die, die eigentlich auf nicht so groß oder eigentlich auf mehr Holz vor der Hütte oder eine Spur mehr Fleisch auf der Hüfte stehen, auch die würden nicht nein sagen.

Ein Babe ist einfach eine, bei der keiner "nein" sagen würde. Und irgendwie hat dir das gefallen. Du bist nicht auf die Rocklängen-Bremse gestiegen; du hast keine Veranlassung gesehen, nicht die allerengste Jean zu wählen usw.
Ist ja irgendwie klar: Wenn alle wollen, kann man sich daraus die hübschesten Kerle aussuchen - und wer würde das nicht, auch die beste Freundin würde, wenn sie nur könnte.

So ab der dritten, vierten Klasse merkt man, dass es auch sonstige Vorteile gibt. Auch wenn man nichts weiss, gibts noch ein Genügend und wenn man ganz gut ist gibts ein Sehr Gut, ein richtig gesetzter Blick aus diesen blauen Augen unter dieser blonden Strähne richtet das.

Das süsse Gift der Babe-Korrumpierung zieht sich durch das in mancherlei Hinsicht leichtere Leben wie ein roter Faden. Auch wenn das Babe später intellektuelle Ansprüche entwickelt, ganz weicht diese Selbstgewissheit nie: "Wenn ich wollte, könnte ich auch den oder das haben. Ich bin halt eine Frau-Frau und das setzt mich ab von Frauen. Und dieses Frau-Frausein duelliert sich unausgesetzt mit der allenfalls dahinterliegenden Persönlichkeit, die als solche einfach nur sein und erkannt werden will.

Im Zweifel siegt vielleicht nicht immer, aber doch meistens die Frau-Frau.


That's what he said and she nodded and smiled:

"Es kann mir noch so dreckig gehen, irgendeinen finde ich immer, der mir den Champagner zahlt."

Sie starb in der Nacht, in der sie Henrys Buch las, an seiner Brutalität.
"Ich bin das nicht, ich bin das nicht worüber er schreibt. Es ist eine Verzerrung. Er sagt, in lebe in Verblendung. Aber er tut es, er ist es, der mich nicht sieht, der die anderen nicht sieht, wie ich bin, wie sie sind, er macht alles abscheulich."

Der Leidenschaft zum Trotz, die Henry und June so oft beschrieben haben, glaube ich nicht, dass sie sich jemals wirklich gefunden, dass sie sich einander hingegeben, einander erkannt haben.

"June isst und trinkt Symbole. Henry hat keine Verwendung für Symbole. Er isst Brot, nicht Hostien"
(Anaïs Nin)

June und ich suchen, woran Henry nicht zu glauben vermag.

klingt wirklich schrecklich ermüdend. allein das wort selbst lastet schon schwer auf den schultern.

andererseits:
es ist reibung, die energie erzeugt und wärme.

erwartungshaltung:
tanzen oder bei günther jauch die million gewinnen?

sagt sie, "sind von der zahl 7 geprägt"(sie bezieht sich auf den talmud). "je näher du einem 7-jahrespunkt kommst, also einem entwicklungssprung, umso unrunder wirst du, wenn unerledigte sachen aus dem alten zyklus im unaufgeräumten zimmer deines lebens liegen."

und ja, da war sie, die 14, die 21, die 28 ... und dann da unten im flur diese große grüne tonne mit der aufschrift "altpapier".
und von diesem bild, verdammt nochmal, komme ich nicht los.

quatsch, sagt etwas in mir, keineswegs weigere ich mich, den nächsten entwicklungssprung zu tun. und ausserdem ist das alles letztendlich biologistisches gerede, um mal ehrlich zu sein. du beginnst zu menstruieren, du zeugst kinder, entlässt sie mehr und mehr in die selbständigkeit, wirst goßmutter und erlebst die meno-pause und "den rest deines lebens".

stammt nicht der erste druck des talmud aus dem 15. jhd.? und aus welcher zeit stammen die ersten überlieferungen? aus dem anfang des 1. jahrhundert? (bin zu faul für recherchen.)
hey, c'mon, da hat sich schon ein bisschen was getan, so lebenszyklen betreffend einerseits, von rollenbildern ganz zu schweigen. - ja, ich weiß, auch die wissenschaft spricht von den 7-jahres-zyklen des körpers, respektive der zellen, nur meine zellen, ganz ehrlich gesagt, haben mich noch nie so besonders berührt.

"wenn unerledigte sachen aus dem alten zyklus im unaufgeräumten zimmer deines lebens liegen."

dieser eine satz, der hat es in sich.

das mit der sprache meine ich ... und so manches andere auch

DonDahlmann, Sonntag, 5. Oktober 2003, 19:09
Ich weiß wirklich nicht mehr wie das geht, dass mit der Liebe. Das ist so lange her, dass ich denke, dass ich gar nicht mehr weiß, wie das funktioniert, wie sich das anfühlt. Wie fühlt man sich da? Ist man aufgeregt? Denkt man die ganze Zeit nur an SIE? Hat man das Gefühl von Bluthochdruck? Schmerzt es, wenn der andere nicht da ist, wenn er nicht erreichbar ist, wenn er sich nicht meldet? Wie ist das, wenn spürt, dass es jemanden gibt, der einem unfassbar wichtig ist? Wie ist wenn es spürt, dass man für den anderen wichtig ist? Wenn mir jemand sagt: "Morgen gehen wir beide mal auf dem Mond spazieren" klingt das eher nach etwas, was ich mir vorstellen kann.


aber HALT! nein, das hat nichts mit mir zu tun, nicht, dass ihr denkt ... das mit dem verliebtsein nämlich, das habe ich immer perfekt beherrscht.
hey, wow, ihr würdet euch wundern, wenn ihr wüsstet, WIE gut ich bin, in dieser disziplin. achterbahnfahren ist eigentlich meine stärke, lasst euch da hiervon bloß nicht täuschen. nur das mit der nähe, das ist manchmal so eine sache und das mit dem "wir" und das mit der "gemeinsamkeit".

und nur weil man etwas wollen will, selbst wenn man es wirklich wollen will, kann man es deshalb noch lange nicht können.

schöne scheiße irgendwie.