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sodbrennen

nichts erwartet
noch weniger bekommen.

maxmiale zielerreichung.

gut so.
ich hasse überraschungen.

und dann sitze ich da, mit diesem "mann", in diesem beisl bei dem zweiten bier. wie jung er wirklich ist merke ich erst daran, dass einer der typen an der bar plötzlich vor unserem tisch steht und mir mit den worten "auf die gefahr hin, dass ich eine fange", ihn völlig ignorierend die hand unter die nase hält.
aber sorry, ich habe keine lust mich zu schlagen, ich will nur wieder zurücktauchen in diese intimität der erzählungen, seinen optimismus, seine leuchtenden augen, seine euphorie und reiche ihm die hand, um mich wortlos wieder meinem gegenüber zuzuwenden.

"so war ich auch mal" schießt es mir durch den kopf, nur um doch noch in derselben sekunde revidiert zu werden - zwei bier sind zu wenig, um sich das einzureden. nein, so war ich nie und habe nichts davon erlebt, keine panzer, keine kugeln, keinen schuss (keinen solchen) - und konnte sie doch nie so lieben, diese welt. nicht so.

so viel offenheit, so viel vertrauen, so eine geschichte. so jung.

ich stehe zwischen euch, fällt mir auf. altersmässig, versteht sich - genau zwischen euch. zwischen dir und dem, den du dir in meine arme (alp?)träumst - wer weiß das schon so genau? wer kennt dich schon so gut?

später - viel später - dann der heimweg durch den nieselregen und da steht sie in ihren hohen stiefeln und nur in unterwäsche unter dem mantel - kaum jünger als ich. kurz streifen sich unsere blicke und ich danke wem-auch-immer dafür, nicht an ihrer stelle zu sein.
(zu) vieles erlebt, (zu) vieles gesehen, meinen körper zu oft gegeben im tausch für ... illusionen, niemals geld.

"du bist zu jung", will ich umdrehen und sie rütteln. panzer können wir überleben (ich denke an seine augen), diese nicht. zu jung. wir. alle. - auch in 50 jahren noch.

wie so oft - viel zu oft vielleicht - tue ich nichts, halte mit enem einzigen blick den typen, der anstalten macht, sich mir zu nähern auf distanz (baby ich hoffe, du wirst dafür nicht büssen).

*kauf dir eine frau", denke ich - und wenig später "und wer kauft mir noch einmal einen traum?"

für manches so viel zu jung. für anderes nie jung genug.

"nightswimming", summt sie, während ich die flasche cabernet öffne und nicht umhin komme mitzusingen. ich weiß, ich singe grauenhaft, doch engel sind kummer gewohnt.

You, I thought I knew you.
You I cannot judge.
You, I thought you knew me,
this one laughing quietly underneath my breath.
Nightswimming. ... *

wunderbar schillernd, leichter als federn, tanzten im raum.
worte wie seifenblasen, so zauberhaft verpackte warme luft.

unhörbar, das *blobb*, für menschenohren.

was bleibt ist nicht zum ersten mal nichts - nichts als ein schmieriger film.

zurecht bleibt es nicht aus, das "ich habe es dir ja gesagt".

ich weiß nicht, wieviele menschen du hast sterben sehen. wieviele gegangen sind, zwischen der einen gemeinsamen nacht und der nächsten, zwischen dem beginn deines urlaubs und dem wiederkommen, zwischen deren abreise und der vermeintlichen rückkehr.

ich zu viele.

zu viele, um nicht zu wissen: was zählt ist immer das "jetzt". nur das jetzt, der augenblick.

und ich erinnere mich zu gut, viel zu gut, an dieses "spiel", das d. und ich damals spielten, vor gut 10 jahren, in einer nische dieses verrauchten lokals.
natürlich auf drogen. manche fragen stellt man sich in einer gewissen direktheit und intensität, ehrlichkeit und ernsthaftigkeit nicht "einfach so". ohne alkohol, das ist wichtig.
"stell dir vor", sagte plötzlich er (oder vielleicht auch ich, aber das ist nicht wichtig), als draussen eine sirene heulte, so laut, dass sie in der pause, die der cd-wechsler für sich einforderte, zu hören war. "stell dir vor, dass sie jetzt kommt, die durchsage, dass sie unterwegs sind, die raketen, und dass alles vorbei ist, in - sagen wir mal - zwei stunden. was würdest du tun?"

("die raketen". das sind wir "kinder" der frühen 80er. immer "die raketen" und die sprüche am klo: "auch atompilze sind schön". - aber auch das tut eigentlich nicht wirklich etwas zur sache.)

was wirklich zählt ist: ich saß dort und wusste, nichts würde ich tun, als hier sitzen, auch noch weitere zwei stunden und denken und warten und vielleicht sogar lächeln.
weil alles in meinem leben klar ist. weil es nichts gibt, das ich unbedingt noch tun / sagen / machen müsste, um nicht etwas wichtiges unerledigt zurück zu lassen.
kleine entschuldigungen vielleicht, die ausständig wären, kleine gesten, die noch schön gewesen wären, aber nichts, das mich aufgescheucht hätte, nichts, von dem ich das gefühl gehabt hätte, es wäre ein versäumnis, das ich jetzt schnell noch nachholen muss.
weil nichts herumliegt, im unaufgeräumten zimmer meines lebens, weil alles an seinem platz ist, auch mitten im chaos.

wie weit habe ich mich davon nur entfernt.

hatte sie zwei wirklich enge Freunde. Viel enger als die Kinder aus dem Hof oder dem Kindergarten. Zwei wirkliche Freunde: Einen Hasen mit viel Watte im Inneren und einem echten Fell drumherum. Das besondere an dem Hasen war, dass er sprechen konnte. Er sprach nur nicht mit June. Er wollte einfach nicht, was nichts an der Tatsache änderte, dass er sprechen konnte. Da er aber auch ausgezeichnet zuhören konnte, nahm June ihm diese Eigenheit nicht krumm.

Der zweite Freund hieß "Olux". Das besondere an Olux war, dass niemand ausser June ihn sehen oder hören konnte. Und das, obwohl er alles andere als schüchtern war, wie der Hase. Olux trug grellbunte Kleider und Kappen, hatte die Größe eines mittelgewachsenen Koboldes, saß mit Vorliebe in der Wand und gab zu allem und jedem gefragt oder ungefragt seine Meinung ab.
Olux war es, der June die Welt in ihren Grundzügen erklärte. Kaum etwas, auf das er keine Antwort hatte, fast alles konnte er erklären, sogar die Geräusche aus dem Schlafzimmer nebenan.

Und während Olux noch tolerierte "Fantasie" war, in Junes Famile, waren die Ratschläge, die er gab, meist nicht mehr so akzeptiert. Es hing immer davon ab, was Olux sagte, ob es Fantasie war oder Lüge. Sehr verwirrend für June.

Bis Olux eines Tages ging und nie wieder kam. Da wurden die Dinge wieder klar. June war verlogen.
Ein Kind, das klar entschied: Lieber verlogen und weniger oft bestraft als ehrlich und öfter. Vielleicht die erste weitreichendere bewusst rationale Entscheidung über die Konstruktion des Selbst.
Und June lernte bald: Nicht die Lüge ist das Problem, sondern das erwischt werden. Bald dachte sie nicht mehr darüber nach, ob es wirklich Sinn macht zu lügen, nur darüber, wie zu lügen ist, um die Wahrheit möglichst lange, am besten gar nicht, ans Licht kommen zu lassen.

Später dann begann sie zu fühlen, wann eine Lüge wieder als solche erkannt worden war. Über Kilometer hinweg fühlte sie es. Mitten in der Schulstunde, mitten im Spiel, es war ein eisiger Schnitt ins Herz - Sie konnte die Wut der Mutter spüren. Und irrte sich nie.
Das mit dem Lügen gab June eines Tages auf. Sie wurde des Lügens müde. Tödlich müde.

Die Fähigkeit Emotionen bestimmter Menschen zu spüren, hat sie bis heute nicht verloren. Sie dringen in ihr Innerstes, ungefragt.

Oh Gott, wie June das hasst!

"nach deinen empfindungen sehne ich mich. deine erklärungen lassen mich erstarren", schickt june auf diese mysteriöse weise hinaus in die welt, die für manches vielleicht zu schnell ist, die landet irgendwo zwischen schrauben und nägeln und müdigkeit - unkontrolliert.

da sitzt das kind, fühlt sich klein und quengelig und schuldig. ganz undankbarer fratz von früher und weiß ja, dass das alles stimmt ...

die "neuen wilden" haben vor allem einen bezug zu ihrer geschichte: sie möglichst rasch hinter sich zu lassen. die bewegung ist der prototyp des linearen: "was interessiert mich mein geschwätz von gestern?"
die gefahr des zurücksehens - wie orpheus auf eurydike. als hätte ein gott dafür die schlimmste strafe verhängt. als würden wir unsere identität nicht generieren aus unserer vergangenheit.
nie umdrehen nach dem stein, an dem man sie die zehe gestoßen hat. ein stein ist ein stein ist ein stein ... das risiko geirrt zu haben, wiegt kein anderes auf.

als wären es nicht konzentrische kreise, die wir ziehen, im magnetismusfeld dessen, was uns widerfahren ist.
ein beil soll trennen, was (noch) verbindet - die illusion vom "sauberen schnitt".
zum eliminierbaren flecken auf der weißen weste des selbst degradieren, was zentrum war.

die eigene vergangenheit leugnen, heißt sich selbst beschneiden. AB-kehr anstelle von RÜCK-kehr, als wäre rückkehr nichts anderes als die zwanghafte und peinliche wiederholung des immer selben, als wäre fortschritt - FORT-SCHRITT, FORT so viel sinnvoller, ehrenhafter als RÜCKschritt, der schritt zurück zum blick. rückgrat und fortschritt als eineiige zwillinge?)
als wäre alles zurückgebliebene statisch und keinen zweiten blick mehr wert. das neue ist immer vorne. zweifelt da wer?

ENT-WICK-LUNG. aus einer verwicklung lösen. investieren, zeit und geduld. uncool.
das schwert, das den gordischen knoten trennt. amputation statt heilung.

jeder blick zurück ein zeichen vermeintlicher schwäche, als wäre schwäche nur dann schwäche, wenn sie spürbar wird und läge potenzial nur in der stärke (schnell wie windhunde, hart wie kruppstahl, speed kills ...)

und jenseits der literalität der vergangenheit liegt der fokus auf der jeweils aktuellsten SCHLAG-zeile. (die frage bleibt, was oder wen sie denn nun erschlägt, die zeile.)
und keine briefe werden mehr geschrieben, nur noch mails. nichts, das irgendwann in einer schachtel sich wiederfindet, aufbewahrt wie ein mehr oder weniger kostbarer schatz und etwas zurückbringt, irgendwann - ein stück leben.

delete! spätestens beim nächsten systemabsturz, aber besser sofort, kaum gelesen. nur ja kein blick zurück! orpheus - wir erinnern uns. "was interessiert mich mein geschwätz von gestern?"

und so bauen wir keine häuser, wir bauen autobahnen.
auch der manchmal entstehende stau löst sich auf, nachdem jeder der vorbeifahrenden einen blick geworfen hat, auf die leiche im graben.
wieder einen erwischt. schulterzucken. weiter gehts.

oh bitte sag mir nicht, ich habe einen eisklotz geliebt.

wenn eine stimme das herz erstarren lässt, wenn mauern das letzte sind, was bleibt von dem, was einmal "liebe" war. was war sie dann wert? rückblickend jede träne und jeden kuss in frage stellen müssen ob des nichts das von der wärme bleibt, die sie zu vermitteln schienen.
über nacht zum feind mutiert.

"Durch jede Liebe wird man ein bisschen menschlicher, egal wie sie verläuft."
Boris Pasternak

sich dann wiederfinden, am rande jeder menschlichkeit, was sagt das aus über die "liebe", die wir teilten?

ich will keinen zombie am telefon und auch keinem gegenübersitzen. ich sehne mich nach dem menschen, den ich kannte, den ich glaubte zu kennen, einen menschen mit einem herz und warmem blut in seinen adern. und etwas in mir sagt mir so tief drinnen, dass es ihn gab und immer noch gibt.
verletzte seele. machen wunden seelen hart?

habe ich wirklich, habe ich wirklich all die jahre nur einen traum geliebt?
den ersten menschen, für den ich keinen wert mehr habe, weil ich den "gebrauchswert" verloren habe? - nein, das ist zu simpel.

"er ist kein schöner mensch", hat ein sehr wichtiger mensch in meinem leben mal gesagt, nachdem er ihn zum ersten mal sah. und ich war mir so sicher, er hat nicht recht. diesmal nicht. und er kann gehen und sich mit ihm verbünden, nur meinen glauben nehmen, das kann er mir nicht.
es gibt verletzte seelen, aber keine hässlichen menschen. ja, auch die nicht, deren portraits die medien zeichnen. die "englands" dieser welt.

nur im kleinen können wir beginnen.

"Man hat zurecht gesagt, das unsere eigentliche Reise dem Anderen, den Anderen gilt. Im Grunde genommen ist die einzige Reise diejenige, die man in Beziehung zum Anderen unternimmt."
Jean Baudrillard

und ich werde mich nicht beirren lassen, weil es auf dieser Welt letztlich nur eines gibt, das einzige, was zählt.

die liebe in all ihren formen. just call me "gutmensch". ich will nicht leben in einer welt der erfrorenen herzen.

"Du solltest endlich wieder ficken", meint mr. E.
nein eigentlich sagt er es anders: "Gegen die Absurditäten der
(Ver-)Lieb(-theit), hilft nur eins: Vögeln, soviel wie nur möglich, alles andere nützt nichts - enthaltsames Nachdenken etwa" und beruft sich dabei auf lucretius.

ich könnte jetzt da raus gehen (also in ein paar stunden zumindest), mir ein paar drinks zahlen und mich dann flachlegen lassen.
und wäre ich ein mann, stünden meine chancen vermutlich verdammt gut, damit mein ego, mein selbstbewusstsein und meine laune erheblich aufzumöbeln.

ich fürchte, ich bin nicht emanzipiert genug.
da lassen wir es für den anfang wohl doch besser einfach mal beim rausgehen.